ISBN
978-3-940209-31-3 Taschenbuch 354 Seiten Preis: 18,90
erschienen im NOEL-Verlag, www.noel-verlag.de
Bettina Weber:
Im Jahr 2009 erschien ihre märchenhafte
Erzählung „Julias Ferien“ als eBook beim Mea-Littera-Verlag.
Mit „Der Rosenmagier – Das
Lied des Rüsselwolfs“ liegt nun beim Noel-Verlag der erste Band ihrer
Fantasy-Trilogie vor.
Das Lied des Rüsselwolfs
Fantasy-Roman
1. Die Flucht aus dem Wolkenschloss
Unheilverkündend
türmten sich Wolken am nächtlichen Himmel über Syrlin, der Hauptstadt
Merviliens auf. Ein stürmischer Wind blies und fernes Donnergrollen zeigte an, dass
ein heftiges Gewitter bevorstand. Schon zuckten die ersten grellen Blitze auf,
in denen die vier spitzen, gedrehten Türme des hoch über der Stadt schwebenden
Wolkenschlosses drohend erhobenen Speeren glichen.
Urplötzlich
erfüllte ein leiser und doch durchdringender Ton die Luft, der mit den
Geräuschen des Unwetters nichts zu tun hatte. Im Boden des Palastes erschien
eine kreisrunde Öffnung und ein dünnes goldenes Seil ließ sich leise pendelnd
bis zum Boden hinunter. Gleichzeitig tauchte in der Luke ein dicklicher blonder
Junge von etwa vierzehn Jahren auf, der die weißseidene Robe und die Haartracht
eines Novizen des Rosoboziom-Ordens trug. Für den Bruchteil einer Sekunde
zögerte er, als er sah, wie tief es da hinab ging. Dann aber klammerte er sich
krampfhaft mit beiden Händen an dem Tau fest.
Pirino
wurde es angst und bange. Das Seil schaukelte bedrohlich. Mit den glatten
Sohlen seiner Sandalen fand er keinen richtigen Halt. Er rutschte mehr
hinunter, als dass er kletterte. Bereits nach wenigen Metern taten ihm die
Hände und die Arme von der ungewohnten Anstrengung so weh, dass er kaum noch wusste,
wie er sich festhalten sollte. „Weiter ...“ japste er trotzdem. „Weiter,
schnell ...“ Schließlich ließ er die Leine einfach los, obwohl der feste Grund
noch ein gutes Stück entfernt war, wobei er sich nicht einmal klar machte, dass
er sich bei einem Sprung aus dieser Höhe sämtliche Knochen hätte brechen
können.
Ziemlich
unsanft landete er rücklings im nassen Sand. Er konnte einen Aufschrei nicht
unterdrücken, der aber glücklicherweise von einem dröhnenden Donnerschlag
übertönt wurde. Nach Luft ringend drehte er sich um und stemmte sich auf Hände
und Knie hoch. So rasch er konnte, kroch er zu der hohen Mauer, die das
weitläufige Schlossgelände ringsherum umgab. Dort angekommen drückte er sich flach
gegen die Steine und starrte ängstlich zu dem Palast hinauf. Wie lange würden
sie brauchen, bis sie merkten, dass er nicht im Novizenflügel war? Waren sie
ihm womöglich schon auf der Spur? Verblüfft riss er die Augen auf. Ehe er
richtig begriff, was vorging, flackerte das goldene Seil, das in der Dunkelheit
leuchtete, noch einmal besonders hell – dann verschwand es so spurlos, als wenn
es niemals da gewesen wäre!